Phönix-Tagebuch
- März 2020 -
26.03.2020
Ein kleines Virus hat unser aller Leben verändert und so stellen wir fest, dass wir Deutschen offensichtlich das Land der Klopapier-Horter sind, die Franzosen haben sich einen Vorrat an Rotwein und Kondomen zusammengehamstert und die Amerikaner - wie sollte es auch sein - kaufen Waffen und Munition. Dass das alles völlig IRRational ist, wissen wir und obwohl wir den Nachbarn belächeln, der glücklich seine bei Amazon bestellte Palette Klopapier ablädt, schlummert der Jäger und Sammler bei jedem von uns ganz dicht unter dem alltäglichen angepassten Sein. Oft genug ist sich jeder im Augenblick selbst der Nächste und auch diejenigen, die sich im Internet in Dankesarien an Pflegepersonal, LKW-Fahrer, KassiererInnen, Polizei und Feuerwehr ergehen, sind, wenn es darauf ankommt, alles andere als altruistisch veranlagt. So ist der Mensch. Die wenigen Ausnahmen kann man oft genug an einer Hand abzählen und auch wenn jeder sich lieber als Gutmensch sieht und das gerade bei Facebook mehr als deutlich schriftlich zu manifestieren versucht, die Realität sieht tatsächlich anders aus. Ob so eine Krise wirklich das Beste aus jedem herausholt, das wage ich zu bezweifeln. Wahrscheinlich sind der Egoismus und die vermeintliche eigene Wichtigkeit, die sich viele von uns selbst auf die Fahne geschrieben haben, unser schlimmster Feind. Das Corona-Virus bringt nur an die Oberfläche, was schon immer da war. Die Ausnahmen, eben die Menschen, die bereit sind, für die Allgemeinheit zu arbeiten, die nicht Horten, Sammeln oder die Jagd nach Toilettenpapier, Desinfektionsmittel und Mehl eröffnet haben, sind die Dummen. Sie werden in den Himmel gelobt, letztendlich sind sie allerdings oftmals die Opfer und die Verlierer einer jeglichen Krise.
Moral zählt in unserer Gesellschaft nicht unbedingt zu dem, was allen im Überfluss zur Verfügung steht und so stelle ich wieder einmal fest, dass, sofern ein moralisch einwandfreies Verhalten unser aller Kompass wäre, es keine leidenden Tiere oder Menschen gäbe, für alle genug zu essen bereitstünde und auch eine Krise wie der Ausbruch des Corona-Virus uns nicht in Angst und Schrecken versetzen müsste. Gesetze können sich ändern, die Moral bleibt immer gleich. Ein jeder von uns entscheidet selbst, was er mit seinem Leben machen möchte und es wäre schön, wenn man sich dabei selbst nicht so wichtig nehmen würde und den Sinn und Zweck unseres Daseins eher in der Gemeinschaft aller Lebewesen sehen könnte. Dann hätte die Erde mit all ihren Bewohnern eine gute Chance, unverletzt weiterzubestehen - egal ob mit oder ohne Corona.
17.03.2020
Mittlerweile bin ich wieder zuhause und es geht mir verhältnismäßig gut. Tatsächlich blieb die befürchtete Krankenhaus-Katastrophe aus und nach meinen Erfahrungen der letzten Jahre konnte ich kaum fassen, dass in Kirchheimbolanden offensichtlich alles ganz anders läuft. Das Essen war lecker, das Bad extrem sauber, und die medizinische Versorgung war ebenfalls top! Es gab keinen Grund, sich nicht gut aufgehoben zu fühlen, die Ärzte und Schwestern haben sich liebevoll um die Patienten gekümmert und ich habe mich zeitweilig wie in einem Hotel gefühlt. Da wird man schnell wieder gesund und so bin ich jetzt daheim schon wieder recht gut zu Fuß und liege endlich nicht mehr den ganzen Tag auf dem Sofa rum. Die nächste große OP folgt dann in ca. 6 Monaten. Bis dahin sollte ich wieder fit sein und ich denke, das ist zu schaffen.
Natürlich würde ich jetzt gerne auch mal wieder nach draußen gehen, wegen dem Corona-Virus geht das bei mir nun leider nicht. Uwe hat mir allerdings gestern einen Gartenstuhl auf unsere Wiese gestellt und so war ich das erstemal seit vielen Monaten wieder an der frischen Luft. Die Hunde sind um mich herum gesprungen, ich war schön warm zugedeckt und die Vögel haben gesungen - es war herrlich!
Die Entwicklungen um den Corona-Virus trüben allerdings auch den schönsten Frühlingstag und so merken wir jetzt alle, was unsere persönliche Freiheit wert ist. Geschlossene Schulen und Kindergärten, kein Theaterbesuch und kein Kino mehr, auch keine Urlaube oder Feste, selbst die normalen Einkäufe scheinen plötzlich der Vergangenheit anzugehören. Vom Nudel-,Toilettenpapier- und Mehl-Notstand habe ich im Internet gelesen. Da wir uns nicht an Hamsterkäufen beteiligt haben, gehören wir nun wohl bald zu denen, die ihr Toilettenpapier übers Internet bestellen müssen.
Irgendwie erscheint mir das alles grotesk und surreal. Ich habe wenig Verständnis für Menschen, die in einer solchen Krise nur die eigene Bereicherung im Blick haben und sich asozial hervortun, sei es mit dem tonnenweisen Einkaufen von Klopapier oder mit dem maßlos überteuerten Verkaufen von Desinfektionsmittel. Unser Augenmerk galt schon von jeher den Schwachen und natürlich machen wir in einer solchen Situation keinen Unterschied zwischen Tieren und Menschen. Leider scheint es allerdings in Ausnahmesituationen vermehrt dazu zu kommen, dass sich jeder selbst der Nächste ist und man sich einfach nicht mehr um die Not der anderen kümmert. Wir verurteilen ein solches Verhalten aufs Schärfste und hoffen, dass wenigstens die Tierschützer hier mit gutem Beispiel voran gehen. Alle, die aus dem Tierschutz ein Tier übernommen oder gepflegt haben, wissen, was es bedeutet, ein Lebewesen aus einer schwierigen oder gar einer Notsituation zu retten. Ich gehe einfach mal davon aus, dass diese Menschen empathisch genug sind, sich auch für ihre schwächeren, älteren und kranken Mitmenschen einzusetzen und dass es selbstverständlich sein wird, für diese vielleicht mal einem Einkauf oder eine Fahrt zu erledigen. Jede Krise ist immer auch eine Chance. Vielleicht bewirkt ein solches Vorleben bei manch einem einen Sinneswandel - es bleibt auf jeden Fall zu hoffen.
Was für uns Menschen eine schwierige Krise darstellt, ist für die Tiere, die durch die Schließung der Grenzen nun in den Tierheimen festsitzen, eine mittlere Katastrophe. Nicht nur, dass das Tierheim sich so immer weiter anfüllt, nein, sobald die Kapazität erschöpft ist, werden die überzähligen Tiere wieder in die Tötungen gebracht. Genau das versuchen wir seit Jahren zu verhindern und nun sind wir wegen eines Virus nicht mehr in der Lage, den Tieren zu helfen. Wir werden in den nächsten Tagen eine größere Geldspende nach Villena überweisen. Die Protectora hat schon immer mit einer chronischen Überbelegung zu kämpfen und in der jetzigen Situation ist es extrem wichtig, alle Kapazitäten auszuschöpfen. Es sollen weiterhin Tiere aufgenommen oder in Pensionen/Pflegestellen untergebracht werden können. All diese Tiere müssen natürlich auch medizinisch versorgt und gepflegt werden. Wir werden diese Arbeit nun auch finanziell unterstützen, denn Futter ist im Augenblick tatsächlich nicht das Problem (ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde), vielmehr wird im Moment jede helfende Hand gebraucht. In Zeiten der Abriegelung ganzer Bezirke stellt sich das als fast unlösbares Problem dar. Wir haben im Augenblick Pflegestellen, die einen Hund aufnehmen könnten. Wir möchten unsere Pflegefamilien darum bitten, so lange zu warten, bis die Grenzen wieder offen sind. Wir werden dann so schnell wie möglich versuchen, die Tierheime in Spanien zu entlasten und werden jede freie Stelle dringend benötigen.
Natürlich geht der Tierschutz bei uns im Land wie gewohnt weiter. Gestern haben wir eine kleine verwaiste Katze unterbringen können und vor zwei Tagen bekamen wir einen richtig kranken Igel gebracht. Der arme Kerl hat ein Lungenproblem, das sich hoffentlich heilen lässt. Wir haben ihn gegen eine Spende von 50 € bei einem Igelfachmann gelassen und wissen ihn dort gut aufgehoben. Leider gibt es in unserer Nähe fast keine Igelstationen mehr und deshalb ist es umso wichtiger, dass wir die Menschen, die sich noch liebevoll und mit viel Fachwissen und Zeitaufwand um die kleinen Stacheltiere kümmern, auch finanziell unterstützen. Ich hoffe, dass die 50 € die anfallenden Kosten decken werden, wenn nicht, werden wir natürlich noch etwas nachschießen.
Für uns ist es ganz selbstverständlich, dass wir nicht davon ausgehen, dass die Abgabe eines Wildtieres immer kostenfrei sein kann. Der nette 'Igelmann' hatte schon vor dem Winter mehr als 30 Igel zu versorgen. So etwas geht alleine wegen der Tierarztkosten massiv ins Geld. Man sollte bei der Abgabe eines Wildtieres immer bedenken, dass z. B. Igel-, Bilch- oder Taubenstationen, genauso wie die meisten anderen Tierschutzvereine, immer von Spenden abhängig sind. Wer dazu in der Lage ist, sollte sich also nicht lumpen lassen und das gefundene Wildtier auch finanziell unterstützen. Auch hier zählt jeder Euro!
11.03.2020
So, ihr Lieben - heute ist es so weit und obwohl ich gestern schon Tabletten genommen habe, die mich haben ruhig durchschlafen lassen, ich bin ganz schön aufgeregt. Mein Köfferchen ist gepackt, ein Buch über Schottland habe ich mitgenommen und sobald ich die letzten Tabletten gefuttert und eingepackt habe, geht es los.
Gestern waren wir mit Gulliver noch in Wiesbaden-Nordenstadt bei einem Hautspezialisten und - obwohl ich kaum noch daran geglaubt habe - wir haben endlich eine Diagnose. Unser Kleiner hatte über viele Jahre immer wieder schlimme blutige Durchfälle, die wir nur mit massiven Medikamenten und Infusionen in den Griff bekommen konnten. Der Verdacht, dass er an Morbus Addison leiden könnte, bestätigte sich leider, nachdem wir ihm regelmäßig Cortison gaben und er seit dieser Zeit keine Durchfälle mehr hatte. Die Dosis ist bei einem Hund, der 3,6 kg wiegt, wirklich sehr gering und eine Tablette wird so gut es geht in mindestens 6 Teile gebröselt. Ganz offensichtlich war das trotzdem noch zuviel. Gullivers Haut veränderte sich und wurde pergamentartig, sein Fell fiel aus und neuerdings beleckte er seine Vorderbeinchen.
Bei der Untersuchung konnte eine bakterielle Besiedlung der Haut festgestellt werden, die einfach nicht normal ist und mit einem Shampoo behandelt werden kann. Aber viel erschreckender ist, dass er immungeschwächt ist und sich dadurch die bei jedem Hund in der Haut lebenden Demodex-Milben überproportional vermehrt haben. Bei einem Geschabsel konnte der Hautarzt so ein Biest zwischen seinen klitzekleinen Zehchen herauskratzen. Jetzt haben wir also doch eine Diagnose und wissen, wo wir ansetzen können. Zukünftig bekommt Gulliver sein Cortison nur alle 2 Tage, vielleicht funktioniert das besser. Seine Haut sollte sich damit wieder stabilisieren und der Haarausfall aufhören, das Shampoo wird die Bakterien auf der Haut reduzieren und Tabletten werden die Demodikose zurückdrängen. Zum Glück ist nichts von dem, was er hat, ansteckend, aber alles ist eine Folge seiner Addison-Erkrankung.
Nachdem wir fast ein Jahr nicht herausbekommen konnten, was ihm fehlt, sind wir der Praxis Wildermuth mehr als dankbar für diese Diagnose. In vier Wochen ist sein Nachkontrolltermin, bis dahin müsste es ihm erheblich besser gehen. Wir sind sehr froh, dass wir noch so knapp vor meiner OP den Termin bekommen konnten und dass man sich so lange Zeit für unseren kleinen Schatz genommen hat. Alles wird gut!
10.03.2020
Erstmal möchte ich mich für die vielen lieben Genesungswünsche bedanken! Morgen geht es in den OP und dann sehen wir weiter. Wir arbeiten uns in ganz kleinen Schritten vorwärts und hoffen, dass ich in absehbarer Zeit wieder fit werde. Natürlich wird Uwe euch berichten, ob die OP problemlos verlaufen ist. Ich denke, die Ärzte machen das täglich und so brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Trotzdem wäre es schön, wenn ihr mir für morgen ganz feste die Daumen drückt!
In der letzten Woche haben wir Patxi und Dabi vermittelt, wir freuen uns sehr für die Wichte und hoffen, wie bei allen durch uns vermittelten Hunden, dass auch diese beiden ein tolles neues Leben haben werden und bis zum letztem Atemzug bei ihrer Familie bleiben dürfen. Für unseren Opi Toots/Carlo hat sich auch noch etwas ergeben, er wird nämlich, nach zwei Jahren als Pflegi bei Kerstin und ihrem Mann, nun fest bei seiner Pflegefamilie bleiben. Seit gestern heißt er Carlo Tross, wir freuen uns sehr darüber!
Heute haben wir mit unserem kleinsten Wichtelmann einen Termin in Wiesbaden. Gulliver hat irgendein Problem mit seiner Haut und seinem Fellchen. Leider konnte uns bisher keiner sagen, was es ist und so haben wir heute einen Termin beim Spezialisten. Wir sind sehr gespannt, ob man uns dort mehr sagen und Gulli vielleicht sogar helfen kann. Der Kleine leidet nicht und er hat auch keinen Juckreiz, aber sein Fell am Hals geht immer mehr aus und zum Teil hat er sogar schon kahle Stellen, dazu beleckt er seine Vorderbeine wie verrückt. Sie sind schon ganz braun von seinem Speichel und bevor das Lecken eine Manie wird, hoffen wir das endlich abstellen zu können.
Von Zika und ihrer Familie haben wir ein supertolles Foto bekommen, das wir euch nicht vorenthalten wollen. Zika stammt von den Azoren und hat bei Thomas und seiner Tochter Amelie als Zweithund ein wunderbares Zuhause gefunden. Die Azoren sind als Urlaubsland einfach herrlich, für Hunde und Katzen sind sie oftmals die Hölle. Zika durfte das alles hinter sich lassen, nachdem sich Amelie im Urlaub in sie verliebt hatte. Wir haben nur noch das Vorgespräch geführt und Zika nach Deutschland geholt. Innerhalb eines Tages hatte sich das Leben von Zika komplett verändert. Sie ist ein glücklicher Familienhund geworden und wir sind sicher, dass sie nicht mehr an das denkt, was sie vor ihrer Adoption erleben musste.
Auf dem Bild seht ihr Zika und ihre Freundin Ella auf Urlaub im Dachsteingebirge/Österreich.
05.03.2020
Lange habt ihr nichts mehr von mir gehört und das hatte natürlich auch seinen Grund. In den letzten Wochen ging es mir gesundheitlich wirklich schlecht und leider ist es auch noch nicht ausgestanden. Nur zur Beruhigung aller, ich habe keinen Corona-Virus und war auch nicht mit Hamsterkäufen beschäftigt. Trotzdem hat es mich anständig hingerafft und leider werde ich auch in den nächsten Wochen Zeit im Krankenhaus verbringen müssen. In Anbetracht dessen sehen wir uns außerstande, ein Frühlingsfest zu organisieren und haben deshalb beschlossen, zu meinem 60sten Geburtstag 2020 ein Herbstfest mit Tombola und allem, was ihr eigentlich vom Frühlingsfest her kennt, auszurichten. Ich denke, ihr habt dafür Verständnis. Zur Zeit springt Uwe zu 100 % für mich ein und kümmert sich auch um die Vermittlung der Hunde. Die kleine Saria hat mittlerweile ein tolles neues Zuhause gefunden und auch Patxi ist unter der Haube! Für Dabi hatten wir tatsächlich eine Dame, die wahnsinnig interessiert war, auch immer wieder anrief, Termine vereinbarte und dann plötzlich verstummte... Wir laufen niemandem hinterher und wissen, dass Dabi ein Goldstück ist. Wer sich so merkwürdig verhält, hat ihn nicht verdient und ganz sicher findet sich noch ein Traumzuhause für den kleinen Kerl. Manchmal braucht es eben etwas länger.
Auch für Lolón suchen wir wieder ein Zuhause. Seine Interessenten sind unverhofft mit einer neuen beruflichen Situation konfrontiert worden und so wird Lolón so lange bei uns bleiben, bis wir ein anderes Zuhause für ihn gefunden haben. Der Bub ist nun schon sehr lange bei uns, er hat viel gelernt, trotzdem geht er noch immer nicht anständig an der Leine. Ich hoffe, dass wir Menschen für ihn finden, die mit ihm die Hundeschule besuchen und ihm die Leinenführigkeit noch beibringen. An der Schleppe geht es schon ganz gut, trotzdem ist es an der kurzen Leine echt anstrengend mit ihm. Wäre er ein Husky, würde ich es verstehen, aber er ist ein Bodeguero... Ich habe noch nie einen Hund gehabt, der Menschen so sehr liebt wie Loli, er ist ein wirklich außergewöhnliches Kerlchen, aber er braucht auch einen ganz speziellen Platz. Er will immer bei seinen Menschen sein und am liebsten in sie hineinkriechen. Er bleibt zwar mit unseren Hunden auch mal alleine, aber glücklich ist er dabei sicher nicht. Irgendwann finden wir hoffentlich auch jemanden für ihn, bis dahin lebt er bei uns im Rudel, obwohl er ganz bestimmt lieber ein Einzelhund wäre.